Museum Atelierhaus Rösler-Kröhnke
Waldemar Rösler Oda Hardt-Rösler Walter Kröhhnke WK
Waldemar Rösler
1882 Am 21. April wird er als Sohn eines Photographen in Striesen bei Dresden geboren.

Die Familie übersiedelt früh nach Königsberg. Hier verbringt er seine Jugend und besucht die Realschule, die er frühzeitig verlässt. Er hilft im Geschäft seines Vaters und arbeitet nebenher als Clichézeichner bei einer Königsberger Zeitung.

1896–1904 An der Königsberger Kunstakademie studiert er bei Max Schmidt, Emil Neide und Ludwig Dettmann, dessen Meisterschüler er schließlich wird.

1902 Im Atelier von Ludwig Dettmann lernt er Oda Hardt kennen, seine spätere Frau.

1904 Er bekommt den Auftrag für ein Altarbild in der Kirche von Lyck/Ostpreußen (zerstört). Eine kurze Studienreise führt ihn nach Paris und Brüssel.

1905 Aufenthalt in Dresden: eine Zeit schwieriger innerer Entwicklungen. Umgang mit Gotthard Kuehl und Eugen Bracht. Er stellt zum ersten Mal, in der 10. Ausstellung der Berliner Sezession, eine Zeichnung aus.

Längerer Aufenthalt auf Gut Schildeck, dem zwischen Osterode und Hohenstein in Ostpreußen gelegenen Geburtshaus seiner Braut Oda. Es entstehen zahlreiche Bilder.

1906 Heirat mit Oda Hardt. Das Ehepaar Rösler lässt sich in Groß-Lichterfelde bei Berlin nieder.

1907 Sommeraufenthalt in Wasserburg am Inn, eine sehr produktive Zeit. Mit einem hier entstandenen Bild wird er zur 13. Ausstellung der Berliner Sezession zugelassen. In Königsberg zeigt der Salon Teichert eine Einzelausstellung Röslers.

Geburt der Zwillinge Louise und Fritz (gefallen 1943) in Berlin.

1908 Auf der 15. Ausstellung der Berliner Sezession ist er bereits mit vier Bildern vertreten.
Max Liebermann wird auf ihn aufmerksam. Nach Karl Schefflers lobender Besprechung wird Rösler sehr bekannt. Max Beckmann und der ostpreußische Maler Theo von Brockhusen werden seine Freunde.

1909 Die Berliner Sezession wählt Rösler zum Mitglied. Auf ihrer 18. Ausstellung zeigt er eine Meerlandschaft.

1910 Ausstellung in der Galerie Paul Cassirer. Erster Sommeraufenthalt in dem ostpreußischen Fischerdorf Klein-Kuhren, das ihm zur zweiten Heimat wird. Die befreundeten Kunsthistoriker Kurt Badt und Kurt Steinbart kommen oft zu Besuch. Auf der 20. Ausstellung der Berliner Sezession zeigt er drei Bilder.

1911 Nach dem Rücktritt des 64-jährigen Max Liebermann wird Rösler auf Beckmanns Vorschlag in den Vorstand der Berliner Sezession gewählt. Intensiv beschäftigt er sich nun mit der Technik der Lithographie. Der befreundete Verleger E. W. Tieffenbach veröffentlicht die Graphikmappe „Sechs Lithographien aus der Umgebung Berlins“.

Einzelausstellung bei Cassirer. Drei Bilder auf der 22. Ausstellung der Berliner Sezession.

1912 Auf der berühmten Sonderbund-Ausstellung in Köln ist von Rösler die „Dorfstraße am Abend“ zu sehen.

24. Ausstellung der Berliner Sezession: Rösler ist mit vier Bildern vertreten.

Aus der Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes in Bremen kauft die Kunsthalle Bremen ein Gemälde. Zum ersten Mal nimmt Rösler an einer Ausstellung der Münchner Sezession teil.

1913 Mit dem Bildhauer Richard Engelmann und dessen Frau unternimmt das Ehepaar Rösler eine Studienreise nach Italien, von der kein Zeugnis mehr überliefert ist. Das Angebot für eine Professur in Kas- sel lehnt er ab, da er sich nicht von Berlin trennen und sich ganz seiner Malerei widmen will.

Ausstellungsbeteiligung beim Deutschen Künstlerbund in Mannheim. Drei Bilder in der 26. Ausstellung der Berliner Sezession, sechs Gemälde bei der Herbstausstellung. Bei E. W. Tieffenbach in Berlin-Steglitz erscheint als erster Band einer geplanten Reihe „Die neue Kunst in Berlin“ in nur 110 Exemplaren eine Monographie über Rösler mit einer Einführung von Karl Scheffler und mit Lithographien Röslers.

1914 Angebot einer Professur in Weimar schlägt Rösler ebenfalls aus.
Erste Ausstellung der Freien Sezession, zu deren Vorstand Rösler gehört. Auch bei der Münchner Sezession stellt er wieder aus.

Tieffenbach verlegt „Die rot durchrasten Nächte“ von Léon Deubel, übertragen von Paul Zech, mit acht erotischen Lithographien Röslers.

Nach der Mobilmachung wird er zur Landwehr eingezogen und an der Westfront in Belgien eingesetzt.

1915 Wegen Tapferkeit an der Front wird er zum Leutnant befördert.
Zeitweise ist er bei der Besatzungsverwaltung in Brüssel beschäftigt. Er besucht die Museen und lernt Gottfried Benn kennen.

1916 An der 2. Ausstellung der Freien Sezession ist er ebenso beteiligt wie bei der Münchner Sezession, wo die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen ein Bild erwerben.
Wegen seines physischen und psychischen Zustandes wird er nach Arys in Ostpreußen versetzt. Dort nimmt er sich am 14. Dezember das Leben. In der Grablege der Familie Hardt auf Gut Schildeck wird er beigesetzt.

1917 Große Gedächtnisausstellung bei Paul Cassirer mit 57 Gemälden und 60 Zeichnungen von der Westfront.

1922 Im Deutschen Pavillon der XIII. Biennale von Venedig werden neun Bilder Röslers ausgestellt.

1928 Die Galerie Thannhauser in Berlin veranstaltet eine große Ausstellung aus dem Nachlass.

1933 Weitere Ausstellungen erscheinen selbst den befreundeten Kunsthändlern zu riskant.

1937 Vier Arbeiten Röslers in Museen werden als „entartete Kunst“ beschlagnahmt.

1944 Etwa 200 Gemälde werden auf Gut Schildeck bei Kriegsende zerstört.

1956 Auf der Großen Berliner Kunstausstellung wird anlässlich des 40. Todestages eine Gruppe von Arbeiten ausgestellt.

1982 Erste Einzelausstellung nach 54 Jahren: in der Ostdeutschen Galerie Regensburg.

1984 Mit dem Stuttgarter Selbstbildnis ist Rösler in der Ausstellung „Berlin um 1900“ in der Akademie der Künste in Berlin vertreten.

1985 BATIG zeigt in der Ausstellung „Meisterwerke aus der Ostdeutschen Galerie Regensburg“ das Bild „Wachtbudenberg“.

Werke in Museen

Nationalgalerie Berlin, Staatliche Museen Stiftung
Preußischer Kulturbesitz
Berlinische Galerie
Berlin-Museum
Kunsthalle Bremen
Gemäldegalerie Neue Meister der
Staatlichen Kunstsammlungen Dresden
Staatliche Galerie Moritzburg, Halle
Hamburger Kunsthalle
Museum der bildenen Künste Leipzig
Ostpreußisches Landesmuseum Lüneburg
Städtische Kunsthalle Mannheim
Ostdeutsche Galerie Regensburg



Eine Künstlerfamilie - Waldemar Rösler

Helmut R. Leppien


In diesem Hause lassen sich Entdeckungen machen. Fünf Künstler werden vorgestellt, drei Frauen und zwei Männer, von denen die meisten selbst Kennern nicht oder kaum bekannt sind.

Waldemar Rösler starb 1916, nicht mehr als 34 Jahre alt. Seine Frau Oda Hardt-Rösler gab in den beiden wichtigsten Jahrzehnten ihrer Entwicklung das Malen auf. Beider Tochter Louise Rösler konnte in der Nazizeit nicht mehr ausstellen, schließlich gar nicht malen. Deren Mann Walter Kröhnke hatte damals die gleichen Schwierigkeiten; er ist aus dem Kriege nicht zurückgekehrt. Allein Anka Kröhnke, Tochter der beiden, konnte ihr Talent voll entfalten und ist heute eine weithin geschätzte Textilkünstlerin.

Fünf Künstler aus drei Generationen in einer Familie – das ist selten anzutreffen. Eine solche Häufung von Talenten lohnt die Aufmerksamkeit und spornt die Lust an, zu entdecken und zu vergleichen. Man wird wohl kaum einen Familienstil ausmachen, vielmehr die einzelne Begabung schätzen lernen. Aber Beziehungen lassen sich herstellen, etwa zwischen den Handschriften von Walter und Anka Kröhnke. Es formt sich ein Bild aus Unterschieden und Gemeinsamkeiten, aus Widersprüchen und Bezügen. Wir lernen Aspekte der deutschen Kunst in unserem Jahrhundert kennen, die unsere ästhetische Erfahrung bereichern und uns manchem bedeutenden Kunstwerk begegnen lassen.

Waldemar Rösler war ein Künstler, der sich der Avantgarde verweigerte. Er schloss sich nicht den Expressionisten an, mehr als die Kubisten und die Futuristen beschäftigte ihn Liebermann. 1882 ist er geboren, im selben Jahr wie Braque und Boccioni; Kirchner und Marc waren zwei Jahre, Picasso und Carrà ein Jahr älter, Heckel und Severini ein Jahr jünger. Doch diesen Jahrgängen gehören auch Karl Hofer und Albert Weisgeber an, André Derain und Hans Purrmann, Wilhelm Lehmbruck und Max Beckmann. Auch sie haben sich damals der Avantgarde verweigert und waren dennoch keine Traditionalisten, so wenig wie Rösler. Alle diese Künstler wurden von den neuen Strömungen durchaus berührt, ließen sich aber nicht mitreißen. „Für mich gibt es nur gute Kunst von einzelnen starken Persönlichkeiten, keine Richtungen“, erklärte Rösler 1914 programmatisch in der Zeitschrift „Kunst und Künstler“.

Alle, die über Röslers Kunst geschrieben haben, Karl Scheffler wie Liebermann, Kurt Steinbart, auch jüngst noch Dietrich Schubert, versuchten ihn gegen die Avantgarde auszuspielen. Diese, die Modischen, die Radikalisten, von denen „all das tolle Zeug“ stammt, „das uns das letzte Dezennium vor dem Kriege gebracht hat“ (M. L.), die „vielen effekthascherischen und marktschreierischen Ismen“ (K. St.). Jener dagegen, fern von Verlogenheit, souverän gegenüber dem Pub - likum, ein Ringender.

Mit diesem Antagonismus sollte man sich am Ende des 20. Jahrhunderts nicht mehr abgeben müssen. Blicken wir heute auf die Kunst von 1912, ist sie nicht allein vom Nebeneinander der Alten und der Jungen bestimmt – Monet neben Schiele – sondern ebenso von der Konfrontation der Neuerer und der Bewahrer: Duchamp gegenüber Modigliani.

Überwinden wir auch angesichts der Kunst des 20. Jahrhunderts eine fortschrittsgläubige Betrachtungsweise, dann bleibt neben Macke und Schmidt-Rottluff Platz für Rösler und dessen Freund, den jungen Max Beckmann. Hätte dessen Leben im Weltkrieg geendet wie das Röslers, wäre er wahrscheinlich ähnlich vergessen wie jener. Hätte Rösler den Krieg überlebt, wäre dann auch er vom Rand ins Zentrum des Kunstgeschehens vorgedrungen?

Versuchen wir zu erklären, wodurch „dieses bei aller vorwärtsdrängenden Kraft so besonnene Talent“ (Scheffler) sich auszeichnet, so können wir an Karl Scheffler anknüpfen, der 1911 in der Zeitschrift „Kunst und Künstler“ über Röslers Landschaften schrieb, „der Reichtum ihres Kolorits“ sei „unmittelbar ... dem Natureindruck abgewonnen“. Er nannte Rösler „eine Begabung, der es natürlich ist, Naturgefühl so in Kunstformen zu verwandeln, dass das Gefühl weitergegeben und neu erweckt wird“.

Was derselbe Scheffler 1913 über Bilder wie die „Vorstadtlandschaft im Frühling“ schrieb, hat einen Tonfall, der uns heute allzu schwelgerisch vorkommen mag, aber das Besondere von Röslers Kunst trifft: „Er malt in der Nähe des Bahnhofs Großlichterfelde-Ost, wo Großstadtkehricht in den Gräben liegt und das profane Leben zur Miete wohnt, den ewigen Glanz der alltäglich neugeborenen Natur, das farbige Funkelnde des kosmischen Schöpfungsduftes.“

Und an anderer Stelle schreibt er: "Mit schönem Gelingen übersetzt Rösler seine malerisch gefundenen Anschauungen auch ins Graphische. Als Lithograph ist er schon bestimmend hervorgetreten. Er hat in die Schwarz-Weiß-Kunst das Malerische getragen und zeichnend in einer knappen und handschriftlich kühnen Weise Naturstimmungen gestaltet."

Ich lasse weiter Menschen zu Wort kommen, die Rösler und seine Kunst schätzten. Der große Liebermann schrieb ihm einen Nachruf, in dem mir vier Sätze die zentralen zu sein scheinen: „Wenig bedacht auf den gleißenden Vortrag, alles in den Ausdruck der Stimmung legend, nicht das Zufällige, sondern das Konstruktive suchend. Er baut seine Bilder wie der Architekt seine Häuser, flächig und in großen Massen. Freilich verliert seine Farbe oft den Reiz und die Durchsichtigkeit, aber das Bild gewinnt etwas, was unendlich mehr wert ist: die Raumwirkung. Wir können in seinen Landschaften spazieren gehen, so klar sind die Pläne gegliedert, so groß ist der Raum gesehen.“

In der Interpretation des bedeutenden Kunsthistorikers Kurt Badt, 1921 in der Zeitschrift für bildende Kunst erschienen, ist der entscheidende und ganz überzeugende Gedanke über Röslers Malerei, „die allein durch ihre Form wirken will“, jener von der in sich ruhenden Welt: “Gegen die Moden, Tagesinteressen, persönlichen Schicksale setzt er ein Bild des Lebens, das das ewig Bleibende, im Naturgesetz Gegründete betont.“ Daraus folgt: „Röslers Bilder sind nicht erfüllt von Bewegung, sondern von starken, aber im Gleichgewicht ruhenden Massen. Seine Weltauffassung spricht vom Allgemeinen, dem, was allen gemeinsam ist, dem gleichmäßigen Lose, vom Dasein und vom unabänderlichen Ablauf. Gewiß, auch in seinen Bildern lebt eine Spannung, aber es ist die der Gesetzmäßigkeit und der gleichen Kräfte, die sich die Waage halten.“